Pilgerwege, Bluthostien, in Kirchenglocken eingegossene Wallfahrtszeichen und eine stille, kontemplative Landschaft von spröder Schönheit. Verschlafene kleine Dörfer und historische Kleinstädte, deren Kirchen bereits von Weitem sichtbar sind. Beste Voraussetzungen also für eine meditative Wanderung auf dem Pilgerweg zwischen Berlin und Bad Wilsnack, der zwischen 1383 und 1552 die Bluthostien von Wilsnack (damals noch ohne „Bad“) zum Ziel hatte. Und der für viele Pilgernde weiter nach Tangermünde führte, wo ein Anschluss an den historischen Pilgerweg nach Santiago existierte.

Menschen aus ganz Europa pilgerten nach Wilsnack, nachdem im Jahr 1383 drei Hostien die Brandschatzung einer Kirche unbeschadet überstanden hatten. Der Priester fand in den Trümmern die geweihten und nun blutbefleckten Hostien. Die Bischöfe von Havelberg erkannten die Zeichen und förderten die Wallfahrt zu den Bluthostien im damals völlig unbekannten Ort Wilsnack. Eine unglaubliche Pilgerbewegung zur sogenannten Wunderblutkirche setzte ein, die Wilsnack und die Orte am Weg vollkommen überforderte. Erfurt, auf dem Weg vom Süden liegend, musste ab 1475 sogar seine Tore für die Pilgernden zeitweilig schließen. Denn man wusste sich keinen Rat mehr. Die Versorgungs- und Beherbergungsschwierigkeiten schienen unüberwindlich. Ein abruptes Ende fand die Pilgerbewegung kurz nach der Reformation, als Pfarrer Ellefeld 1552 die Hostien verbrannte.

In dieser Collection stelle ich dir den rund 220 Kilometer langen Weg von Berlin nach Bad Wilsnack und weiter bis nach Tangermünde vor. Dabei führen die elf Etappen über die heutige Interpretation des mittelalterlichen Pilgerweges. Denn Straßenkarten, die den historischen Weg aufzeigen könnten, gab es noch nicht. Lediglich in Kirchenglocken eingegossene Wallfahrtszeichen, ein kürzlich gefundenes Pilgergrab, die Aufzeichnung einer gräflichen Pilgerreise und andere Spuren machen eine wahrscheinliche Pilgerroute rekonstruierbar.

Da manche Wege sich über die Jahrhunderte bewährt haben und immer intensiver genutzt wurden, wirst du auf der Route gelegentlich über Stadtstraßen (Berlin) oder kleine Landstraßen geführt, um zur nächsten Pilgerstätte zu gelangen. Da ich in den Etappen dieser Collection manchmal einen grüneren Weg gewählt, kurze Abstecher eingefügt und Haltestellen der Öffis einbezogen habe, beträgt die Gesamtlänge fast 240 Kilometer.

Von Berlin-Mitte wanderst du die 155 Kilometer bis zur Wunderblutkirche in Bad Wilsnack in insgesamt sieben Etappen. Die erste Etappe ist dabei mit fast 35 Kilometern sehr lang und führt zu einem großen Teil durch Berlin. Wenn dir danach nicht der Sinn steht, empfehle ich eine Kürzung: Beginne die Tour einfach am Tegeler Hafen. Du erreichst ihn bequem mit der U-Bahn oder der S-Bahn. Die Strecke von Bad Wilsnack nach Tangermünde ist weitere 85 Kilometer lang und kann in vier zusätzlichen Etappen bewältigt werden.

Einen Pilgerausweis kannst du hier bestellen: jakobusgesellschaft-berlin-brandenburg.de. Auch wenn du heute nicht mehr mit vielen anderen Pilgernden um einen Schlafplatz und Lebensmittel konkurrieren musst, empfehle ich, die Unterkünfte im Voraus zu buchen und dich über die Einkaufsmöglichkeiten vor Ort zu informieren. Für den Fall, dass du nur Teilstrecken erwandern möchtest, habe ich an jedem Etappenort eine passende Haltestelle des ÖPNV in die Tourenplanung mit aufgenommen. So bist du flexibel und kannst deine Pilgerreise nach deinen Vorstellungen gestalten, auch wenn manche Orte sehr einsam liegen und nur selten von den Öffis angefahren werden. Behalte deshalb die Fahrpläne im Auge: Oft werden die Taktzeiten gegen Abend oder am Wochenende ausgedünnt. Denke außerdem an wetterfeste Kleidung, stabile Schuhe sowie ausreichend Proviant und Getränke für deine Wanderung.

Jetzt kann es losgehen. Mach dich auf den Weg zu dir selbst.